hatha yoga – siddha siddhanta paddhati
von goraksha – nava cakra, arkane Yoga-Anatomie
Die Bedeutung der goraksha-paddhati („Fußpfad von Goraksha“) kann daran ermessen werden, dass viele ihrer Strophen sich den der ganzen späteren Hatha-Yoga Literatur verstreut wiederfinden.
Ein weiterer wichtiger Goraksha zugeschriebener Yoga-Text ist die siddha-siddhanta-paddhati („Pfad der Vollendeten“). Ein umfassendes Werk von sechs Kapiteln mit insgesamt 353 Strophen, das die Natha-Philosophie des Körpers (pinda) entwickelt. Die neun cakras umfassen die bekannten sieben, mit einer Ausnahme: das sahasrara am Kopfscheitel wird nirvana-cakra gennant. Als achtes Zentrum fungiert das am Gaumen gelegene talu-cakra. Das ist auch der Ort der mysteriösen „kleinen Glocke“ (ghantika), bzw. des „königlichen Zahns“ (raja danta), dh. das Gaumenzäpfchen -die Stelle, der Quell amritas. Das neunte „Energie Rad“ ist das akasha-cakra, das 16 Speichen haben und sich nahe dem „bhramanischen Spalt“ am Kopfscheitel befinden soll.
Im ersten Kapitel werden sechs Typen der Verkörperung unterschieden, beginnend mit dem transzendentalen (para) Körper und endend mit dem physischen Körper (garbha). Die arkane Anatomie des zuletzt erwähnten wird im 2. Kapitel erklärt. In einer Strophe wird der echte yogin charakterisiert als jemand, der persönlich und unmittelbar die neune cakras, die 16 beigeordneten Stützen (adharas) der Konzentration, die drei „Zeichen“ lakshya und die fünf Äther/Räume (vyoman) erfuhr.
Die 16 beigeorndeten Zentren sind die Stellen des Körpers, auf die die Aufmerksamkeit in Konzentrationsübungen fokussiert werden kann: Nämlich die beiden großen Zehen, das muladhara-cakra (das hier auch beigeordnet fungiert), an der Wirbelsäulenbasis, After, Penis, Damm, Unterbauch, Nabel, Herz, Hals, Gaumenzäpfchen, Gaumen, Zunge, der Punkt zwischen den Brauen (Ort des ajna cakras), Nase, Nasenwurzel und Stirn (lalata). Die drei Zeichen (lakshya), oder auch „Schauungen“, beziehen sich auf Licht-Erfahrungen außerhalb und innerhalb des Körpers sowie auf rein mentale Lichtphänomene diverser Art. Die drei heißen in der vorgegebenen Reihenfolge: bahya-lakshya, antar-lakshya, und madhya-lakshya.
Das dritte Kapitel der siddha-siddhanta-paddhati fährt in diesen Ausführung fort und beschreibt den Körper als mikrokosmische Wiederspiegelung des Kosmos. Das vierte Kapitel befasst sich mi der kundalini shakti die in zwei Modalitäten existiert, nämlich unmanifestiert (kosmisch) und manifestiert (individualisiert). Im ersten heißt sie akula, im zweiten kula.
Außerdem kann die kula kundalini wach sein oder schlafen. Auch wenn die kundalini shakti eine einzige Kraft ist, tritt sie in Form kleinerer Energien in verschiedenen cakras auf. Dazu differenziert der Text zwischen der unteren, der mittleren und der oberen Kraft (shakti), jeweils am Basis-Nabel- und Scheitelzentrum lokalisiert.
Das fünfte Kapitel hebt hervor, dass der Erfolg im Yoga von der Gnade des Lehrer abhänge. Sie befähige den yogin, auf alle übernatürliche Kräfte (siddhi), die er im Lauf seiner kundalini Praxis erworben haben mochte, zu verzichten und zum „nicht-auftauchenden“ (nirutthana) Zustand weiterzuschreiten, worin sich der Körper mit dem höchsten Wohnort (param-pada), dh. mit Shiva vereinigt.
Das sechste Kapitel enthält kurze Definitionen verschiedener Asketen-typen und zählt u.a. die charakteristischen Merkmale des avadhuta yogin auf, des Adepten, der alle Bindungen und Belange „abgeworfen“ (ava+dhuta) hat.
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