pashupata brahma upanishad
Das Yoga der Lichtphänomene & die radikal nondualistische Philosphie, bzw. die lichterfüllte Mystik des nachklassichen Yoga im indischen Mittelalter :
Die Pashupata Brahma Upanishad ist ein Shaiva Werk von 78 Versen in zwei Kapiteln. Sie leitet ihren Namen ab von den Anhängern Pashupatis – des Gottes Shiva dieses mal als Herr der „Tiere“ (pashu) oder versklavten Seelen. (Wir wissen ja bereits über die enormen Erscheinungsformen Shivas). Die Schrift fusst auf der Opfersymbolik der Brahmanen, die bereits den Veden ungemein tief verbunden waren und sind und stellt des Weiteren die Rezitation des hamsa-mantra als eine Form des inneren bzw. geistigen Opfers dar. Dieser Vorgang wird auch nada-anusamdhana, d.h. „Anwendung des (inneren) Tons“ genannt – ein mit den kanphata-yogins speziell verbundener Begriff, der auf der esoterischen Vorstellung von 96 „solaren Strahlenbündeln“ im Herzen beruht. Das sind leuchtende, im raum-& zeitlosen Selbst entspringende Verbindungslinien, über die das Göttliche im menschlichen Körper-Verstand-System schöpferisch intervenieren kann. „Solch okkulter Sachverhalt hinsichtlich des Absoluten findet sich nirgendwo sonst beschrieben“, meint der Text (1.25).
Weiters heisst es, die Befreiung sei nur für den yogin möglich, der über die Identität von hamsa als Klang mit hamsa als übersinnliches Selbst zu meditieren vermag.
Gestützt auf diese radikal nondualistische Philosphie wird hier sogar deklariert, dass nur diejenigen Befreiung suchen, die sich angekettet fühlen. Gleichermaßen gelten die Ernährungsvorschriften für den befreiten Weisen nicht, ist er doch, wie die taittriya-upanishad lehrt sowohl Nahrung wie Verzehrer der Nahrung: das sensitive Selbst verzehrt sich in Form der unzähligen Objekte der Erscheinungswelt auf immer selbst.
Hinsichtlich der philosphischen Frage, wie denn die singuläre metaphysische Realität die Welt der Vielheit entstehen lassen könne, empfiehlt der anonyme Autor Stille als weiseste Antwort.
Generell assoziiert man mit Mystik hauptsächlich lichterfüllte, weniger klangerfüllte Erfahrungen. Tatsächlich wird die metaphysiche Wirklichkeit häufig als extremes Leuchten beschrieben und darum mit der Sonne verglichen oder die Sonne jenseits der Sonne genannt. Auch die Befreiung wird größtenteils als Erleuchtung oder Illuminierung gesehen wie in der Brahma Vidya Upanishad (20B-21A) ersichtlich:
„Der wird als Schwan gepriesen, der jenen Schwan kennt, welcher im Herzen ruht und versehen ist mit dem nichttönenden Ton, mit Bewusstsein & Seligkeit (s-c-a), selbsterleuchtend.“
Ebenso in der Bhagavad-Gita ist die Beschreibung einer Vision Arjunas von Gott Krishna als höchstem Wesen. Erfüllt von tiefer Ehrfurcht angesichts der Selbstoffenbarung Krishnas, ruft Arjuna aus (obwohl das gibts beim Shiva genauso) :
“ Ohne Anfang, Mitte, Ende, von unendlicher Kraft (virya), mit unzähligen Armen, mit Mond und Sonne als Augen (siehe Biologie Ayurveda), Dein Mund als loderndes Feuer – ich seh, wie Du verzehrst, verbrennst das ganze all mit Deinem Strahlen.“ (11.19)
Prinz Arjuna, der zum Zeitpunkt dieser Vision nocht nicht den ganzen yogischen Prozess durchlaufen hatte (aber weit war´s dann nimma, -dauert´s dann nimma lang, bzw. ist´s aller höchste Zeit sozusagen…) , war für diese plötzliche Begegnung mit dem Gott-Menschen Krishna in seinem erfüllten Aspekt ungenügend vorbereitet. Daher flehte er Krishna an, sein gewöhnliches Bewusstsein wiederherzustellen, so dass er noch einmal Krishnas vertraute menschliche Gestalt sehen könne. Immer ist es die Angst, sich zu verlieren, die den letzten Advent der Erleuchtung sogar in jenen verhindert, die auf dem spirituellen Pfad weit fortgeschritten sind. Darum belehrt das Tibetische Totenbuch – das Bardo Tödöl – die sich auf den großen Übergangsvorgang des Todes vorbereitende Person, dass er/sie das große leuchtende Licht, das im nachtodlichen Zustand gesehen wird, nicht zu fürchten braucht. Innere Licht-Erlebnisse ereignen sich schon einige Zeit, bevor der yogin jenen spirituellen Reifepunkt erreicht, an dem er auf das eine Licht trifft, angesichts dessen eine totale Ich-Kapitulation die einzig angemessene Reaktion zu sein scheint.
Diese Lichtvisionen sind sozusagen die Theaterproben für das Licht der Lichter. Es mag sich manchmal um recht spektakuläre innere Feuerwerke handeln, obgleich meist einfachere, lokalisierte oder diffuse nicht-physische Lichtphänomene erfahren werden. Die Erfahrung nila-bindus, über die Swami Muktananda in seiner Autobiographie *Spiel des Bewusstseins* mehrmals spricht, demonstriert eine solch vorläufige Manifestation des Allerhöchsten.
So wie Mantra- oder Nada Yoga Tonschwingungen gebrauchen, um das gewöhliche Bewusstsein zu verinnerlichen und zu verwandeln/transzendieren, so bedient sich taraka Yoga der höheren Schwingungen von weissem und farbigen Licht. Dazu verwendet er auch Aspekte der Praxis des inneren Tons (nada).
Das Wort taraka bedeutet buchstäblich „er, der überquert“ oder „Befreier“. Es beschreibt die letzte Realität als die wahrhaft befreiende Dimension. Der Begriff tritt bereits im Yoga Sutra (3.53) auf und bezieht sich dort auf die befreiende Weisheit (jnana), die aus der konstanten Unterscheidung (viveka) zwischen der veränderlichen metaphyischen Subjekt und empirischer Welt, einschließlich des Verstands, resultiert.
In Vedanta-Schriften kann das Wort taraka auch das *om-kara* bedeuten, also den Klang om. Später wurde taraka als Bezeichnung für den illumierenden Yoga verwendet, der im indischen Mittelalter offensichtlich weit verbreitet war.
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