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Die tejo-bindu („Ausstrahlungs-Punkt“) – upanishad hat sechs Kapitel mit insgesamt 465 Versen. Anscheinend sind die Kapitel 2-4 und 5-6 einst zwei selbstständige Texte gewesen. Nur das erste Kapitel und der Anfang des fünften rechtfertigen mehr oder weniger den Titel dieser upanishad, während die anderen Sektionen den vedantischen Nondualismus darlegen und mit der Mantra Yoga Praxis direkt nichts zu tun haben.

Der Leser wird ermahnt, über den „Schwan“ (hamsa) zu meditieren (man beachte hier vielleicht auch den „Schwan“ in der ayurvedischen Pulsdiagnose), womit hier das transzendente Selbst jenseits der drei Bewusstseinszustände des Wachens, Träumens und Schlafens gemeint ist. Der anonyme Verfasser dieses Werkes macht einen 15-gliedrigen (panca-dasha-anga, geschrieben pancadahsanga) Yoga mit Regeln geltend, der so aussieht:

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  1. Disziplin (yama), definiert als „Beherrschung der Sinne aufgrund des Wissens, dass alles das Absolute ist“ 1.17;

  2. Selbstbeherrschung (niyama), definiert als „Beziehung zum inneren /Selbst/ und Loslösung von allem, was andersgeartet ist“ 1.18; als „andersgeartet“ gilt alles, was außer dem Selbst wahrgenommen wird;

  3. Entsagung (tyaga); sie wird erklärt als die „Abkehr von der Erscheinungswelt infolge der Schau des wahren überbewussten Selbst“ 1.19;

  4. Schweigen (mauna), was in diesem Zusammenhang weniger rituell gemeint ist, vielmehr als Beruhigung von Verstand und Mund infolge der Schau des wahren überbewussten Selbst“ 1.19;

  5. Ort (desha), was mystisch als „das, womit diese /Welt/ in Ewigkeit erfüllt ist“ 1.23 erklärt wird, also mit der Dimension des transzendenten Bewusstseins;

  6. Zeit (kala), die gleichermaßen in mystischen, nicht in konventionellen Begriffen geschildert wird;

  7. Körperhaltung (asana), als die Eingeweihten Positur (siddha-asana, geschrieben siddhasana) spezifiziert;

  8. „Wurzel Verschluss“ (mula bandha), eine Hatha Yoga Übung, die hier eine neue okkulte Bedeutung erhält, denn der Autor interpretiert mula als „die Wurzel der Welt“.

  9. körperliche Ausgewogenheit (deha-samya), als Aufgehen im Absoluten erklärt; die übliche Interpretation des Begriffs- als „Stehen wie ein Baum“ – wird ausdrücklich zurückgewiesen;

  10. Beständigkeit der Schau (drik-sthiti), das Sehen der Welt als Absolutes – also nicht die gewöhnliche Yoga-Praxis der Blickfixierung auf den Ort des „dritten Auges“ zwischen den Augenbrauen;

  11. Atemkontrolle (prana-samyama), erläutert als „die Einschränkung jedes Schwankens /des Bewusstseins/“ 1.31

  12. Rückzug (pratyahara), hier nicht als Sinnesrückzug verstanden, sondern als jene geistige Disposition, die das Selbst in den Gegenständen der Welt vorfinden lässt;

  13. Konzentration (dharana), hier als Zustand bestimmt, in dem man das Absolute überrall sieht, wohin der Verstand auch wandern mag;

  14. Meditation über das Selbst (atma-dhyana), die Seligkeit im höchsten Grad bewirkt;

  15. Ekstase (samadhi), definiert als „das vollständige Vergessen der Schwankungen /des individuellen Bewusstseins/, da man mit der Form des Absoluten, mit der unveränderlichen Schwingung /des transzendenten Bewusstseins/ häufig /verschmolz/“. 1.37

Die tejo bindu upanishad (1.42) führt weiter aus, dass im ekstatischen Zustand das Absolute als Fülle (purnatva) erlebt werde; die Erfahrung des Absoluten als Leere (shunyata) sei negativ und als Hindernis auf dem Pfad zu bewerten. Das ist eine eindeutige Ablehnung des Mahayana Buddhismus, der die letzte Realität als „Leere“ sieht.

Die gesamte Gruppe der bindu-upanishads demonstriert die erstaunliche Reife der yogischen Psychotechnik und der metaphysischen Gedanken, eine Reife, wie sie für die von Tantra sehr beeinflusste Nach-Patanjali Tradition charakteristisch ist.

 

Beitrag tejo upanishad und pakriti laya –  Teil I / und samskrtm:  http://www.deinayurveda.net/wordpress/?p=624